Die Thematik „Freiheit“, die anlässlich der Jubiläen, die Österreich im heurigen Jahr begeht, auch Motto der diesjährigen Amstettner Kulturwochen ist, war Ausgangspunkt und Rahmen für die Zusammenstellung des Programmes dieses Eröffnungskonzertes seitens des Amstettner Sinfonieorchesters.
Mit Werken von vier grundverschiedenen, aber allesamt sehr erfolgreichen österreichischen Komponisten aus verschiedenen Stilepochen sollen auch sehr unterschiedliche musikalische Zugänge zum Begriff „Freiheit“ dargestellt werden. Einem Werk der Klassik wird dabei jeweils ein Werk des 20. Jahrhunderts gegenübergestellt. Mit dieser reizvollen Werkauswahl geht das Amstettner Sinfonieorchester auch den Weg, sein Repertoire sowohl zur Barockmusik als auch zur gemäßigten Moderne hin auszudehnen, weiter.
Joseph Haydns Arbeitsbedingungen würden wir heute als eher bedrückend empfinden. Seine Pflichten als Kapellmeister des Fürsten Esterházy in Eisenstadt waren umfassend und genau definiert; so durfte er „für niemanden anderen componieren“ und hatte zu allen möglichen Anlässen dem Fürsten Kompositionen abzuliefern und aufzuführen. Andererseits besaß dieser nicht nur die Mittel und den Ehrgeiz, seinen Hof zu einem europäischen Kulturzentrum zu machen, sondern hatte offenbar auch genügend Kennerschaft, um seinen Kapellmeister in dessen künstlerischer Entwicklung nicht zu behindern. So hatte Haydn unter finanziell gesicherten Lebensbedingungen in den drei Jahrzehnten von 1761 bis 1790 Freiheit genug, unermüdlich experimentierend den Stil der Wiener Klassik zu entfalten. Bei der Gattung der Sinfonie etablierte er die viersätzige Form; seine unerschöpfliche Formenfantasie erprobte und erfand immer neue Lösungen für eine musikalisch-logische Gedankenentwicklung.
Als Fürst Nikolaus 1790 starb, wurde Haydn seiner aktiven Verpflichtungen in Eisenstadt weitgehend entbunden und reiste auf Einladung des Konzertunternehmers Salomon 1791 und 1794 für mehrere Monate nach London. Eine Frucht dieser neugewonnenen Art von Freiheit waren die zwölf „Londoner“ Sinfonien, zu denen auch die heute aufgeführte „Militär“-Sinfonie gehört. Ihren Beinamen verdankt sie ihrer Janitscharenmusikbesetzung mit Becken, Triangel und großer Trommel im 2. und 4. Satz sowie der Trompetenfanfare im Allegretto.
Dieses Werk kann auch als Mahnung verstanden werden. Was verdankt die Menschheit dem Militär? In wievielen Fällen hat dieses Freiheit gegeben, wie oft aber Menschen der Freiheit beraubt ?
Ludwig van Beethoven konnte sich - im Gegensatz zu Mozart - ganz dem Komponieren widmen, da ihn der Wiener Adel kräftigst finanziell unterstützte, um den Komponisten, der ein 1808 Angebot aus Kassel bekam, weiterhin an Wien zu binden. In diesem Rahmen von finanzieller Freiheit ging Beethoven auch den Weg der kompositorischen Freiheit, indem er die Tonsprache weiterentwickelte und musikalisch - für seine Zeitgenossen oft überfordernde - neue Wege ging. Das gilt vor allem für seine Klaviermusik und die Sinfonien.
Die Oper Fidelio ist Beethovens einziges vollendetes Bühnenwerk. Mit Anklängen an die französische „Schreckens- und Rettungsoper“ (besonders bei Cherubini) und der Verherrlichung eines sittlichen Ideals wird in diesem Werk das Thema „Freiheit“ umfassend behandelt. Für Beethoven stellte dieses Werk eine langjährige harte Arbeit dar, wie die drei, z. T. voneinander stark abweichenden Fassungen von 1805, 1806 und 1814 zeigen. Für die Oper hat er insgesamt vier Ouvertüren geschrieben, wobei die heute gespielte eigentliche „Fidelio“-Ouvertüre die letzte ist und erst zur zweiten Aufführung der dritten Fassung der Oper fertiggestellt wurde. Die drei anderen Ouvertüren sind als „Leonore“-Ouvertüren heute noch vielfach in Konzertprogrammen vertreten.
Gottfried von Einem war zweifellos einer der bedeutendsten österreichischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Der in Bern geborene Einem, der schon in frühester Jugend seine Berufung zum Komponieren verspürte und der u. a. Assistent der Bayreuther Festspiele, Hauskomponist der Dresdner Staatsoper und später Direktionsmitglied der Salzburger Festspiele war, lebte ab 1946 in Österreich und wurde vor allem durch die äußerst erfolgreiche Aufführung seiner Oper „Dantons Tod“ bei den Salzburger Festspielen 1947 weltbekannt. Noch drei Jahre zuvor war das in Berlin aufgeführte „Concerto für Orchester“ mit seinen als „entartete Musik“ geltenden Jazz-Passagen von der nationalsozialistischen Presse vernichtend kritisiert und sogar Propagandaminister Goebbels damit befasst worden.
Zum Jazz hatte Einem - nicht zuletzt durch seinen Kompositionslehrer Boris Blacher - eine enge Beziehung, dessen Stilelemente auch im letzten Satz seiner „Philadelphia Symphony“ durchzuhören sind. Diese farbenprächtige Werk für großes Orchester entstand 1960 für die Musikakademie von Philadelphia und wurde dort auch 1961 unter Sir Georg Solti uraufgeführt.
In Erinnerung bleibt Gottfried von Einem nicht nur als begnadeter Komponist, der der experientellen Moderne stets ablehnend gegenüberstand („ich liebe eine schön gesungene Phrase, einen schön gespielten Streichersatz; warum soll man ein Orchester immer malträtieren, dass die mit ihren Bögen auf den Boden oder in einem gefüllten oder leeren Klosett scharren?“), sondern auch als eine Persönlichkeit, die sich die Freiheit nahm, ihre Meinung stets ungeschminkt und deutlich gegenüber Politikern und Künstlerkollegen auszusprechen, auch wenn ihm das des öfteren Schwierigkeiten und massive Kritik eingetragen hat.
Auch in Roland Batiks Kompositionsschaffen nimmt die Verarbeitung von Jazzelementen eine zentrale Stellung ein. Die Verschmelzung von Jazz und traditionellen Orchesterklängen führt zu neuen, lebendigen Klangfarben über pulsierenden Grundrhythmen, die sein ganzes 1. Klavierkonzert durchziehen. Komponiert und mit großem Erfolg im Wiener Konzerthaus uraufgeführt wurde das Werk, das neben dem Pianisten auch einen Jazzbasssolisten verlangt, im Jahre 1993. Lange Episoden des Orchesters wechseln immer wieder mit solistischen Klavierabschnitten, in dem der Komponist und Interpret immer wieder auf die Freiheit der Improvisation zurückgreift.
Der wunderbar konzipierte Mittelsatz trägt die Bezeichnung „Meditation upon peace“, von dem das gesamte Konzert auch seinen Beinamen hat. In ihm sind vier verschiedene Rhythmen verschachtelt, die - ohne das gleichmäßige meditative Fließen der Melodien zu stören - diesem Satz einen besonderen Reiz verleihen.