Amstettner Symphonieorchester



Frühlingskonzert 2008


Die Ouvertüren zu den (insgesamt 21 vollendeten) Opern Wolfgang Amadeus Mozarts sind nicht bloße Stimmungseinführungen in den Charakter und das Millieu der jeweiligen Oper, sondern geschlossene Kunstwerke von großer dramatischer Kraft. Die Ouvertüre zu „Figaros Hochzeit“ ist eine der wenigen, in der kein musikalisches Material aus der Oper vorweggenommen wird. In dem 4minütigen Presto-Satz ist mehr als nur die Millieuschilderung der Oper und die Zeichnung von Figaros Charakterbild enthalten; in ihr ist auch Mozarts aufrührerischer Geist dokumentiert.

Mozart musste sich (im Gegensatz zu Beethoven) während seines ganzen Lebens nach den Wünschen seiner Auftraggeber richten oder - ohne Aussichten auf Einkünfte - ins Blaue hinein schreiben.

Kaiser Joseph II. gründete in Wien ein deutsches Opernunternehmen, worauf Mozart sogleich ein deutsches Singspiel („Die Entführung aus dem Serail“) komponierte (und über den Erfolg dieser Oper sehr glücklich war). Doch italienische Einflussnahme brachte dieses Opernunternehmen zu Fall, und Joseph II. beugte sich diesen Tatsachen und begünstigte fortan wieder die italienische Oper. Mozart machte sich auf die Suche nach einem geeigneten Stoff für eine italienische Oper und wies den Librettisten zahlreicher seiner Opern, Lorenzo da Ponte, auf das Lustspiel „Der tolle Tag oder die Hochzeit des Figaro“ von Pierre Augustian Beaumarchais hin; ein Stück, das Mozart von Paris her kannte, dessen Aufführung in Wien Joseph II. aber verboten hatte (das Stück war ihm zu „revolutionsgefährlich“ für Wien).

Da Ponte ließ daher in seinem Opernlibretto alle dem Kaiser möglicherweise missfallenden revolutionär-politischen Stellen weg, sodass Mozarts Oper uraufgeführt werden durfte. Die Musik (nicht nur jene der Ouvertüre mit ihrem rasenden Tempo, ihren heftigen Akzenten und ihrem frechen Triumphgesang der Bläser) war jedoch eine unverhohlene Zeit- und Gesellschaftskritik durch Mozart, insbesondere was seine Zeichnung der Charaktere der handelnden Personen anging.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Der Kaiser wertete das Stück als zu revolutionär: „Zu schön für unsere Ohren und gewaltig viel Noten, lieber Mozart !“ Nach wenigen Aufführungen wurde die Oper - trotz einhelliger Begeisterung des Publikums; von vielen Nummern wurde eine Wiederholung erzwungen - auf Wunsch des Kaisers vom Wiener Spielplan abgesetzt. Ihren Triumphzug setzt die „Hochzeit des Figaro“ danach jedoch in Prag fort.


Ein Kleinod an musikalischer Schönheit ist Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur, das letzte Konzert in seinem Schaffen, vollendet im Oktober 1791 (also nur wenige Wochen vor seinem Tod). Die Komposition begann jedoch schon zwei Jahre früher als Konzert in G-Dur für Bassettklarinette (eine Art Altklarinette, die aber durch vier zusätzliche Klappen ihren Umfang in der Tiefe um eine große Terz erweitert hat). Diese Erweiterung geht auf den Klarinettisten Anton Stadler zurück, der nicht nur ein hervorragender Musiker war, sondern sich auch ständig um spieltechnische Verbesserungen und Erweiterungen am - zu Mozarts Zeiten noch jungen - Instrument bemühte. Für ihn schrieb Mozart dieses Konzert und stellte es 1791 fertig, wobei er es gleichzeitig nach A-Dur transponierte.

Dieses Konzert ist nicht nur das musikalisch bedeutendste Bläserkonzert Mozarts, sondern - mit einer Spieldauer von fast 30 Minuten - auch sein umfangreichstes. Die Behandlung der Solostimme ist meisterhaft: dem Solisten werden alle Gelegenheiten gegeben, den Tonumfang, die technischen Möglichkeiten und die verschiedenen Klangfarben der einzelnen Register der Klarinette vollkommen auszunützen. Das ausdrucksvolle Adagio ist zweifellos einer der schönsten Sätze der Musikgeschichte.

Die Originalgestalt des A-Dur-Konzerts für Bassettklarinette (insbesondere der Solostimme) von 1791 ist verschollen. Die - heute zu hörende - gebräuchliche Fassung für A-Klarinette (in der manche Stellen aufgrund ihres begrenzten Tonumfanges nach unten gegenüber der Originalfassung wohl eine Oktave höher gesetzt sind) erschien erstmals 1801 und stammt wohl nicht von Mozarts Hand. Im heutigen Konzertleben wird daher des öfteren wieder die versuchte Rekonstruktion der Originalfassung für Bassettklarinette aufgeführt.


1816 - seit Mozarts „Figaro“ waren dreißig Jahre vergangen; Schubert stand im 20. Lebensjahr - wurden in Wien erstmals Werke von Gioacchino Rossini (der fünf Jahre älter als Schubert war) bekannt. Es war dies ein Orchesterstil, der von dem der Wiener Klassik deutlich abwich und somit lebhaftes Aufsehen und Begeisterung, zum Teil aber auch ablehnende Kritik hervorrief. Letztere stammte auch von führenden Musikern (wie Carl Maria von Weber, dem Schöpfer der Oper „Der Freischütz“) und kam in beißenden Parodien und Karikaturen zum Ausdruck.

Der junge Schubert hingegen war vom neuen italienischen Stil sehr angetan und nahm ihn als Vorbild für zwei im Herbst 1817 komponierte Ouvertüren; eine in D-Dur (die heute zu hören ist) und eine in C-Dur.

Glaubt man dem ersten großen Schubert-Biographen Kreißle von Hellborn, so entstanden die beiden Ouvertüren aufgrund einer Wette, die Schubert mit Freunden einging: Nach einem Besuch der Rossini-Oper „Tancredi“ mit ihrer sehr temperamentvollen Musik behauptete Schubert angeblich, es dem italienischen Meister in wenigen Tagen gleichtun zu können und schrieb - tatsächlich in kürzester Zeit - die beiden Ouvertüren.

Die heute gespielte D-Dur-Ouvertüre, der durch die fein differenzierte Verwendung der Soloholzbläser ein buntes Kaleidoskop an verschiedensten Klangfarben eigen ist, wurde am 1.3.1818 in einem Konzert öffentlich aufgeführt und von der „Allgemeinen Wiener Musikzeitung“ sehr gelobt: „Viel jugendliches Feuer.“ Diese Aufführung war ein Meilenstein in Schuberts Leben, weil es überhaupt die erste öffentliche Aufführung eines seiner Werke war. (Die C-Dur-Ouvertüre hingegen wurde erst nach seinem Tode öffentlich aufgeführt).

Die Zusatzbezeichnung Ouvertüren „im Italienischen Stil“ stammt wohl nicht von Schubert selbst, sondern wurde den Originalpartituren nachträglich - vermutlich von seinem Bruder Ferdinand - hinzugefügt.

Franz Schubert schrieb bald darauf von beiden Werken eine Bearbeitung für Klavier zu vier Händen, die auch gedruckt wurde. Die originalen Orchesterversionen erschienen hingegen erst Jahrzehnte später; die D-Dur-Ouvertüre wurde erst 1886, fast 60 Jahre nach Schuberts Tod, verlegt.


Trotz der Kürze seines Lebens schrieb Franz Schubert acht Sinfonien, wobei die 1.-6. Sinfonie als Jugendwerke der „Unvollendeten“ und der „Großen C-Dur-Sinfonie“ gegenübergestellt werden (wenngleich auch sie bereits vollgültige Meisterwerke sind).

Die 5. Sinfonie in B-Dur entstand im Herbst 1816, als Schubert gerade 19 Jahre alt war. Sie ist wohl die unbeschwerteste seiner Sinfonien, mit eingängigen Themen, die durchgehend Heiterkeit ausstrahlen. Das Werk wurde für ein aus der Hausmusik von Schuberts Vater hervorgegangenem Liebhaberorchester geschrieben und im Hause des Burgtheatermusikers Otto Hatwig auch uraufgeführt, daher wohl auch die eher kleine Bläserbesetzung (keine Klarinetten, Trompeten, Posaunen, Pauken; nur eine Flöte).

Auffallend ist die Ökonomie und harmonische Raffinesse der Mittel, die Schubert einsetzt. So fällt im ersten Satz die langsame Einleitung (im Sinne der Haydn-Tradition) weg, und das Hauptthema wird in der Durchführung ganz ausgespart, sodass es am Beginn der Reprise frisch und unverbraucht zurückkehrt, allerdings überraschenderweise nicht in der Tonika B-Dur, sondern in der Subdominante Es-Dur.

Auch der zweite Satz - ein fünfteiliges Es-Dur-Andante mit zwei lyrischen Themen, die fein variiert werden - ist reich an raffinierten (für die frühromantische Musik typischen) Beleuchtungswechseln in der Harmonik: Das zweite Thema erscheint einmal in Ces-Dur und einmal in Ges-Dur.

Im dritten Satz wechselt Schubert im Trio vom Moll des ersten Teiles in ein ruhiges, strahlendes G-Dur, und den gesamten vierten Satz durchzieht eine unbeschwerte Fröhlichkeit der Haupttonart B-Dur.

Der einflussreiche (und gefürchtete) Musikkritiker Eduard Hanslick verkannte das Werk völlig („ein schwacher Abguss von Mozart“) und übersah nicht nur die genialen musikalischen Einfälle der Sinfonie, sondern auch ihren durchaus hohen - technischen und musikalischen - Anspruch, den sie an die Ausführenden stellt.

Wie alle „Jugendsinfonien“ war auch die 5. Sinfonie von Schubert eher als „privates“ Werk konzipiert (und gespielt worden), und sie brauchte lange, um ins Bewusstsein der Musikwelt aufgenommen und dort vollgültig anerkannt zu werden. Dies geschah letztendlich erst mit den vielen Schubert-Gesamtaufnahmen des 20. Jahrhunderts (unter Dirigenten wie Böhm, Karajan, u. v. a.). Die 5. Sinfonie erfreut sich heute beim Konzertpublikum jedenfalls einer besonderen Beliebtheit.



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