Amstettner Symphonieorchester



Frühlingskonzert 2007


Am Programm des heutigen Konzertes stehen drei Werke vom Barock bis zur Romantik, die nicht nur von den Tonarten her eng verwandt sind, sondern denen auch eine große musikalische Spielfreude und melodische Frische gemeinsam ist.


Johann Sebastian Bach hatte sich in der Auswahl seiner Kompositionen zunächst einmal nach den Erfordernissen, die ihm durch den Dienstgeber vorgegeben wurden, zu richten. So komponierte er bei seinen ersten Anstellungen als Organist vor allem Orgelwerke, und in seiner Funktion als Thomaskantor in Leipzig vorwiegend geistliche Vokalwerke (Kantaten, Passionen). Dazwischen lag eine kompositorisch äußerst fruchtbare Zeit als Kapellmeister und Kammermusikdirektor am Hof des Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen von 1717-1723.

Als Bach 1718 nach Berlin reiste, um für den Köthener Hof ein neues Cembalo zu kaufen, lernte er dabei den Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg kennen, der Bach den Auftrag gab, ihm für die Berliner Hofkapelle einige neue Kompositionen einzusenden. Drei Jahre später widmete Bach dem Markgrafen ein Sammlung von sechs Konzerten, die später unter dem Namen „Brandenburgische Konzerte“ bekannt wurde.

Obwohl diese Konzerte einen Höhepunkt in Bachs Konzertschaffen (und zugleich der spätbarocken Concerto-Kunst) überhaupt bilden, führte sie der Markgraf nicht auf, zahlte Bach kein Honorar und bestellte auch keine weiteren Werke bei ihm.

Die Brandenburgischen Konzerte sind kein eigener Zyklus, sondern wurden von Bach aus vorhandenen Werken ausgewählt. Vermutlich stammen auch nicht alle aus der Köthener Zeit, sondern einzelne sind bereits in Weimar entstanden, wo Bach von 1708-1717 als Kammermusiker und Hoforganist wirkte. Das gilt insbesondere für das heute aufgeführte 3. Brandenburgische Konzert in G-Dur, das in seiner mehrchörigen Anlage (3 Violin-, 3 Bratschen-, 3 Cellostimmen + Continuo) dem Concerto alten Stils weit mehr verpflichtet ist als der moderneren Konzertform Vivaldis, mit der sich Bach erst ab 1713 beschäftigte und von der etwa sein 4. und 5. Brandenburgisches Konzert beeinflusst sind.

Das dreisätzige G-Dur-Konzert orientiert sich an der Form des Gruppenmusizierens, wie sie im Frühbarock v. a. in Italien äußerst beliebt war. Eine reichhaltige motivische Arbeit des Kopfsatzes lässt die verschiedenen Themen einmal in der Violin-, einmal in der Bratschen- und einmal in der Cellogruppe hören, in immer neuen Variationen und Zusammenstellungen, die den ausgedehnten Satz stets kurzweilig erscheinen lassen.

Im zweiten Satz sind für das Orchester nur zwei Akkorde notiert; davor ist Platz für eine Kadenz. Im heutigen Konzert ist eine Kadenz der Solovioline zu hören; zu Bachs Zeiten hat der Komponist selbst wahrscheinlich auf der Bratsche eine Kadenz frei improvisiert. Der Schlusssatz schließlich ist eine virtuose Gigue mit durchgehenden Sechzehntelfiguren.


Die Anzahl der Cellokonzerte Joseph Haydns war lange Zeit umstritten. Heute sind nur zwei zweifelsfrei authentisch von Haydn, das (spätere) D-Dur-Konzerte und das Cellokonzert in C-Dur, das Haydn vermutlich zwischen 1762 und 1765 für Joseph Weigl, den hervorragenden Cellisten seiner Eisenstädter Hofkapelle, komponierte.

Dieses heute zu hörende Konzert war bis vor etwa einem halben Jahrhundert verschollen. Von seiner Existenz wusste man nur aus Haydns eigenhändigem Entwurfskatalog. Erst 1961 fand man eine Stimmenabschrift in einer Prager Bibliothek, nach der die Partitur rekonstruiert werden konnte. Das C-Dur-Konzert zählt heute zu einem der beliebtesten und meistgespieltesten Cellokonzerte überhaupt.

Der erste Satz trägt trotz der typisch klassischen Sonatenform noch stark spätbarocke Züge. Die Orchestereinleitung breitet das gesamte thematische Material aus, das Solocello übernimmt aber nur einen Teil desselben. Die Durchführung entbehrt eigentlich einer (neuen) thematischen Arbeit; den gesamten Satz durchzieht ein blockartiger Wechsel von Solo und Tutti - ein Erbe des barocken Concertos. In den Solostellen hat das Orchester praktisch nur harmonische Begleitfunktion.

Ähnlich gelagert ist der Bau des Finalsatzes, der durch seinen virtuosen musikantischen Schwung besticht und sogar auf die Kadenz, die im 1. und 2. Satz eingeplant ist, verzichtet. Der Mittelsatz hingegen ist ein ausgedehntes Adagio mit einer weitgespannten, kantablen Melodie, bei der Haydn die hohe Lage des Solocellos in seinem ganzen Facettenreichtum ausnützt.


Zwischen dem Cellokonzert Haydns und der 8. Symphonie des böhmischen Komponisten Antonin Dvorak liegen mehr als 120 Jahre. Dvorak, der mit Johannes Brahms eng befreundet war, schrieb insgesamt neun Symphonien, von denen aber nur wenige bei uns bekannt sind, so vor allem die 9. Symphonie „Aus der neuen Welt“, die er bei seinem USA-Aufenthalt als Direktor des National Conservatory of Music in New York (1892-95) komponierte. Schon ab 1884 war er insgesamt achtmal nach England eingeladen worden, eigene Werke aufzuführen und Kompositionsaufträge wahrzunehmen.

Die 8. Symphonie in G-Dur entstand 1889; Dvorak selbst dirigierte die Uraufführung am 2.2.1890 mit dem Orchester des Tschechischen Nationaltheaters in Prag. Anlässlich seiner 6. Englandreise folgten weitere Aufführungen durch die „Philharmonic Society“ in London. 1891 wurde das Werk nochmals am Abend vor Dvoraks Verleihung der Ehrendoktorwürde in Cambridge aufgeführt, als Ersatz für eine Dissertationsvorlesung. Daher (und aufgrund der Tatsache, dass die Symphonie in England fulminante Erfolge feierte) erhielt die 8. Symphonie auch den Beinamen „Die Englische“.

Die Partitur trägt den Vermerk „Für die Aufnahme in die Böhmische Kaiser-Franz-Joseph-Akademie für Wissenschaft, Literatur und Kunst“ und ist inspiriert von der landschaftlichen Schönheit um Vysoká bei Pribram, dem Sommersitz des Komponisten.

Die Symphonie ist daher ganz der folkloristisch-böhmischen Melodik verpflichtet. Zwar hat sie noch die traditionelle Satzfolge, doch behandelt Dvorak diese wesentlich freier als in seinen vorherigen Symphonien. Es handelt sich eher um eine Abfolge poetischer Stimmungsbilder in teils sehr freier Form. Dvorak selbst bekräftigte, dass er beabsichtigte, „ein von meinen anderen Symphonien verschiedenes Werk zu schreiben, mit individuellen, in neuer Weise ausgearbeiteten Gedanken“.

Der erste Satz beginnt eigenartigerweise mit einem Thema in g-moll, vorgetragen von Violoncello, Klarinette, Fagott und Horn und steht quasi als Motto am Beginn von Exposition, Durchführung und Reprise (dort im Englischhorn, die einzigen zwei Takte, für die Dvorak in der Symphonie dieses Instrument vorschreibt). Das eigentliche Hauptthema in G-Dur erscheint erst nach 17 Takten in der Flöte.

Im zweiten Satz kommt das böhmische Klangkolorit stark zur Geltung; die beiden Klarinetten und Flöten haben über weite Strecken tragende Führungsfunktion. Ein lebhafter Mittelteil bringt Dramatik in das ruhige Geschehen. Der zweite Satz ist formal am freiesten komponiert, auch im 4. Satz steht am Beginn quasi eine improvisatorische Einleitung mit Solotrompeten, Klarinette, Horn und Pauke, ehe die Streicher das Hauptthema in verschiedenen Varianten vortragen. Formal ist der Schlussatz eine Mischung aus Sonaten- und Variationsform.

Der dritte Satz schließlich ist ein Scherzo in g-moll, im Mittelteil ein als Walzer gestaltetes Trio in G-Dur. Die eigenartige Coda steht - im Gegensatz zum Dreiertakt des ganzen Satzes - in einem 2/4-Takt und bringt den Satz zu einem kraftvollen, fast derben Schluss. Im Scherzo gibt die anmutige, wiegende Melodik der Holzbläser ein Klangbild frühlingshafter Leichtigkeit.



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