Philharmonische Gesellschaft (Freie Gesellschaft der Musikfreunde in Amstetten; 1894-96)

Unter diesem Namen wurden im Frühjahr 1894 die besten Musiker und Sänger aus dem Raum Amstetten und Umgebung in einem vereinsmäßig nicht verankerten Dachverband zusammengefasst, um Konzerte mit symphonischer Musik unter dem Einsatz heimischer Kräfte veranstalten zu können. Die Funktion des Dirigenten übernahm der Rechtsanwalt Dr. Carl Teutschmann, der auch ein hervorragender Pianist war.

Dr. Carl Teutschmann
Dr. Carl Teutschmann (1855-1928), Mitbegründer und Dirigent der „Philharmonischen Gesellschaft Amstetten“

Nach der Überwindung vieler Schwierigkeiten v. a. finanzieller, aber auch gesellschaftlicher Natur (die damals sehr starren gesellschaftlichen Schranken zwischen den Mitwirkenden mussten abgebaut und die Musiker an das - damals völlig ungewohnte - Zusammenspiel in einem Symphonieorchester gewöhnt werden) fand am 12. Sept. 1894 mit großem Erfolg das erste Konzert im Ripka-Saal statt. Es musste am 23.9. aufgrund des großen Besucherandrangs wiederholt werden. Am Programm standen Haydns Sinfonie Nr. 101 („Die Uhr“) und Rombergs „Das Lied von der Glocke“; das Orchester umfasste 33, der Chor ca. 50 Personen.

Schon vor dieser zweiten Aufführung kam es zu Streitereien aufgrund von zusätzlichen Honorarforderungen einzelner Musiker. Diese Auseinandersetzungen wurden sogar über die Lokalzeitungen geführt. Die Folge war, dass die „Philharmonische Gesellschaft“ im Jahre 1895 kein Konzert veranstaltete (auch weil die musikalischen Kräfte Amstettens durch die - offenbar wenig geglückte - Aufführung der C-Dur-Messe von L. v. Beethoven am 23.7.1895 in der Pfarrkirche St. Stephan zum goldenen Priesterjubiläum des Dechants gebunden waren).

Im Frühjahr 1896 kam es dann doch wieder zu einer Probenarbeit der Gesellschaft, die in einem Konzert am 11. Juni 1896 (wieder im Saal des Hotels Ripka) resultierte. Aufgeführt wurde der „Frühling“ aus den „Jahreszeiten“ von Haydn (das ambitionierte Vorhaben, die gesamten „Jahreszeiten“ aufzuführen, hatte man bald wieder aufgegeben), weiters Otto Nicolais Ouvertüre zu „Die lustigen Weiber von Windsor“.

Obwohl auch dieses Konzert auf viel Zustimmung stieß, löste sich die „Philharmonische Gesellschaft“ schon im November 1896 wieder auf. Die fehlende vereinsmäßige Struktur, eine fehlende geeignete Konzertlokalität, Besetzungsschwierigkeiten, mangelnde Probendisziplin, aber auch unausgewogene Geldforderungen einzelner Mitwirkender sowie Standesunterschiede hatten den ersten Versuch, in Amstetten ein Symphonieorchester zu etablieren, scheitern lassen.

Erst 1907 vereinigten sich nochmals die besten Kräfte Amstettens zu einem Chor- und Orchesterkonzert. Am 15.7.1907 fand im ehemaligen „Ripka-Saal“, zu diesem Zeitpunkt schon Saal des Gasthofes „Goldenes Lamm“, ein Wohltätigkeitskonzert zugunsten armer Schulkinder statt. Dargeboten wurden Mozarts Ouvertüre zu „Don Giovanni“, Mozarts „Ave verum“, Haydns Sinfonie Nr. 101 („Die Uhr“) und „Altniederländische Volkslieder“ für Soli, Männerchor und Orchester von Eduard Kremser. Das 40-Mann-Orchester, das fast ohne Substituten aus Berufsmusikerkreisen auskam, wurde von Richard Petrowitz dirigiert.

Danach jedoch setzte eine Zersplitterung und Verzettelung der musikalischen Kräfte Amstettens (die vor allem in der Zwischenkriegszeit dramatische Ausmaße annahm) ein, weil jeder der zahlreichen neu auftauchenden Vereine (Marktmusikverein, Männergesangsverein, Staatsbahn-Liederkranz, u. v. a.) unbedingt ein eigenes Hausorchester haben wollte. Erst kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges kam es mit der Gründung des Kreissymphonieorchesters unter Ferdinand Blank wieder zum Versuch, ein Symphonieorchester in Amstetten auf die Beine zu stellen.


nach: Robert Hinterndorfer (1990): Musik in Amstetten - von den Anfängen bis 1914: 17-24; Amstetten 1990.